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Dieses Thema hat 69 Antworten
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 Quasselecke
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Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

10.01.2013 14:31
Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Was haben der 14. Mai 1996 und der 08. Januar 2013 gemeinsam?

An beiden Tagen brannte in Niedersachsen ein Wohnhaus. Eins in Hechthausen (CUX) und eins in Ahausen (ROW).

Soweit nicht so ungewöhnlich mag man denken.
Auf den zweiten Blick wird es schon etwas interessanter:
Bei beiden Wohnhausbränden war die Feuerwehr zunächst bei einem kleineren Feuer im Objekt.
Am selben Tag brannte das selbe Haus erneut. Diesmal jedoch mit Totalschaden.

Wohlgemerkt bei beiden Einsäzen identisch.

Auch das mag vorkommen mag man denken.

Auf den dritten Blick trifft man auf eine Gemeinsamkeit, die möglicherweise nicht nur ursächlich für beide Totalschäden ist sondern möglicherweise eine wichtige Erkenntnis für weitere Einsätze sein könnte:

In beiden Fällen konnte die Brandursache des zweiten Feuers nicht richtig geklärt werden. Und in beiden Fällen war eine Einblasdämmung aus Zellulose verbaut worden.

Besteht hier ein Zusammenhang?
Bereits 1997 habe ich in (m)einem Einsatzbericht in der Fachzeitschrift Feuerwehrmagazin diese Thematik hinterfragt. Denn den Einsatzkräften kam der Verdacht auf, dass der Dämmstoff ein Brandverhalten aufweisen könnte, welches man so bisher nicht kennt.

Der Begriff Brandverhalten ist eigentlich falsch. Denn schon 1996 kam der Verdacht auf, dass Folgebrände an einer Stelle im Gebäude entstanden waren, welche zum ersten Feuer gar keine Verbindung hatten. Ausnahme: Es Bestand eine Verbindung durch den Einblasdämmstoff aus Zellulose - wohlgemerkt bestand diese Verbindung durch unangebranntes und vom Feuer verschontes Material!

Mit anderen Worten: Es kam der Verdacht auf, dass es an anderer Stelle in der Dämmung zu schwelen begann, ohne dass das Feuer sich von A nach B gefressen hatte wie man es normalerweise kennt. Möglicherweise reicht Gasebildung oder irgendetwas was wir bisher so nicht kennen aus, um an anderer Stelle eine Entzündung zu verursachen.

Da diese Theorie etwas weit hergeholt klingt, wurde sie damals nicht ernst genommen und verworfen.

Spätestens jetzt, wo es einen zweiten vergleichbaren Einsatz gibt, muss man diese Frage wieder aufwerfen und neu untersuchen.

Ich bitte daher um Unterstützung!

Wem sind Gebäudebrände der letzten Jahre bekannt bei denen es kurz nach einem Feuer zu einem zweiten Feuer kam und die Ursache unklar blieb?

Wem sind Brände an Gebäuden bekannt, in denen Einblasdämmung aus Zellulose verbaut war?
Hier interessieren mich auch solche Brände, bei denen nichts ungewöhnliches passiert ist.

Informationen bitte hier im Forum per PM oder per Email an info@Einsatzforschung.de






.

Blaulicht

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

10.01.2013 14:33
#2 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Hier der aktuelle Einsatz aus dieser Woche.

Ich weiß aus sicherer Quelle, dass bei dem Gebäude Einblasdämmung aus Zellulose verbaut war.

Zitat von Nonstopnews.de, mit freundlicher Genehmigung
Brand bricht zum zweiten Mal aus:
Wohnhaus gerät in Brand, nachdem Feuerwehr den Schornsteinbrand eigentlich schon gelöscht hätte – Haus muss abgerissen werden!
Bewohner fassungslos: "Ich hatte das Haus gerade saniert, es ist eine Katastrophe" - Haus steht wenige Stunden, nachdem Schornsteinbrand angeblich gelöscht war, lichterloh in Flammen – Brand hatte sich in Dämmmaterial festgesetzt

Datum: Dienstag, 08. Januar 2013, ca. 00:00 Uhr

Ort: Ahausen, Landkreis Rotenburg, NIedersachsen

(cd) Der Schock sitzt Günter Lange wohl doppelt in den Knochen: Nachdem die Feuerwehr bereits am Montagabend einen Schornsteinbrand am Haus des Rentners gelöscht hatte, geriet das Einfamilienhaus in der Nacht erneut in Brand.

Gegen 18:00 Uhr am Montagabend hatten die Bewohner des Hauses ein Feuer am Schornstein bemerkt und die Feuerwehr gerufen. Diese rückte schnell an und konnte den Entstehungsbrand löschen. Mit einer Wärmebildkamera wurde nach letzten Brandnestern gesucht, aber nichts mehr gefunden. Stunden später dann der zweite Alarm. Der Brand hatte sich im Dämmmaterial festgesetzt und unbemerkt ausgebreitet.

"Ich hörte ein Knistern und Zischen. Als ich wieder herausguckte, stand der Dachstuhl schon in Flammen!" so Lange. Erneut rückte die Feuerwehr an, dieses Mal war aber nichts mehr zu retten. Die Flammen hatten sich schon so weit ausgebreitet, dass der Dachstuhl komplett ausbrannte. "Am Haus entstand enormer Brand- und Wasserschaden. Wir rechnen mit einem Totalschaden!" so die Feuerwehr nach dem Einsatz. Am nächsten Morgen dann die Gewissheit: Das Haus muss abgerissen werden, da sonst ein Löschen der Brandnester nicht möglich ist. „So etwas kann passieren, es ist aber sehr bitter“, so Andreas Henke von der Feuerwehr Ahausen.

Günter Lange steht mitten im Winter nun vor dem Nichts: "Es ist eine Katastrophe. Ich hatte das Haus gerade komplett saniert. Nun müssen wir schauen, wie wir durch den Winter kommen!" Er will mit 71 Jahren allerdings noch einmal von vorn anfangen: „Was bleibt mit anderes übrig?“

Blaulicht

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

10.01.2013 14:49
#3 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Und hier der Brand aus dem Jahre 1996, bei dem ich seinerzeit selbst dabei gewesen bin.

Quelle: Feuerwehr-Magazin, Heft Juni 1997, hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Feuerwehr-Magazin.







Alle vier Seiten sind vergrößerbar durch Anklicken.

Blaulicht

Frei:Wild ( gelöscht )
Beiträge:

10.01.2013 19:51
#4 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten
eelser Offline

Pressewart FW SG Hemmoor (real)




Beiträge: 1.838

11.01.2013 23:49
#5 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Schön Bild-mäßig. Kein weiterer Kommentar zu diesem grenzdebilen Geschreibsel.

Auch unkommentiert zum Thema
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=bhKaXSusPpU

Selbst denke ich, das Dämmung jeglicher Art ein bisher nicht richtig eingeschätztes Risiko einer unkalkulierbaren Brandausbreitung beinhaltet. Hier werden die Feuerwehren in Zukunft immer mehr zu tun und zu lernen bekommen. Im Rahmen der Dämmdiskussion mit "unbrennbaren Baustoffen" werden meiner Meinung nach Dampfbremsfolien und Kleber (bspw. bitumenhaltige Kleber) sowie wärmeleitende Aluliendämmklebebänder nur zu oft vernachlässigt.

________________________________________________
Es wäre schön, wenn die Menschen sich so benehmen würden, als seien wir alle aufeinander angewiesen.

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

12.01.2013 09:47
#6 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Ich möchte hier ungern vom Thema Zellulose-Einblasdämmung abkommen.

Bisher habe ich mehrere sehr interessante Hinweise zu weiteren Einsätzen und zum Brandverhalten dieses Stoffes bekommen.

So haben mir beispielsweise zwei Leute unabhängig voneinander eine ähnliche Beobachtung geschildert:

Bei einem großen Feuer, beispielsweise Osterfeuer, lagert etliche Meter weiter ein Haufen Sägemehl. Nach mehreren Stunden Osterfeuer entsteht plötzlich mitten in dem Haufen Sägemehl, im Inneren, ein Schwelbrand. Es gab keinen direkten Kontakt zum Feuer und äußerlich kein angebranntes Material an dem Haufen.

Dazu ist zu sagen, dass Sägemehl der Zellulosedämmung sehr ähnlich ist. Beides ist sehr fein gehäckseltes Holz (Zellulose ist Altpapier, was ja wiederum aus Holz entsteht). Dieses Verhalten ähnelt dem Verhalten beim Einsatz in Hechthausen sehr.

Ich freue mich über weitere Beobachtungen zum Thema Zellulose-Einblasdämmung an info@einsatzforschung.de

Blaulicht

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

12.01.2013 12:50
#7 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Ein unglaubliche Reaktion findet gerade statt.
Zahlreiche Feuerwehrleute, darunter sogar höchste Führungsebene, melden sich bei mir mit ähnlichen Beobachtungen.
Immer wieder wird berichtet, dass bei vergleichbaren Einsätzen die Polizei überhaupt nicht in Richtung Verhalten der Baumaterialien ermittelt sondern stets übersehene Glutnester als Ursache für das zweite Feuer als Ergebnis feststellt.

Klar - man weiß nicht, ob irgendein Baumaterial involviert ist. Aber zumindest bei solchen Anscheinen muss es erlaubt und gewollt sein, dieses zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um Schuldzuweisungen sondern um die Verhinderung zukünftiger Schäden. Denn wenn sich herausstellen sollte, dass ein Baumatriel involviert ist an einem Folgebrand, dann kann die Industrie entsprechend reagieren und diesbezüglich Einbauempfehlungen geben oder entsprechend Zusatzprodukte anbieten oder sonstwas in der Art.

Aus neuesten Hinweisen die mir Zugegangen sind, drängt sich eine Forschung in folgende Richtungen auf:

1. Kann das Material zu schwelen / glühen beginnen wenn es einer bestimmten Temperatur über eine bestimmte Zeit ausgesetzt war, ohne dabei direkten Kontakt zum Feuer gehabt zu haben? Wirkt in diesem Zusammenhang möglicherweise sogar die eigene Dämmkraft zum Erhalt der Hitze im eigenen Bereich?
Ein solcher Versuch nützt also nichts mit einer handvoll Material. Es muss schon eine entsprechende Menge auf einer entsprechenden Fläche in praxisnahem Zustand erforscht werden. Es muss also ein geschlossener Wand- oder Deckenbereich in entsprechender Flächengröße mit eingeblasenem Material simuliert werden.

2. Kann es durch Feuchtigkeit, beispielsweise durch Löschwasser, zu einer Selbstentzündung bei diesem Produkt natürlichen Ursprungs kommen, ähnlich wie wir es beispielsweise bei Heu kennen?

3. Besteht die Möglichkeit der Kombination aus Punkt 1 und 2?

Blaulicht

Zu verkaufen: Loeschwasserbehaelter.de

gelöschter User ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2013 13:11
#8 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Zitat von Blaulicht im Beitrag #6

Bei einem großen Feuer, beispielsweise Osterfeuer, lagert etliche Meter weiter ein Haufen Sägemehl. Nach mehreren Stunden Osterfeuer entsteht plötzlich mitten in dem Haufen Sägemehl, im Inneren, ein Schwelbrand. Es gab keinen direkten Kontakt zum Feuer und äußerlich kein angebranntes Material an dem Haufen.

Dazu ist zu sagen, dass Sägemehl der Zellulosedämmung sehr ähnlich ist. Beides ist sehr fein gehäckseltes Holz (Zellulose ist Altpapier, was ja wiederum aus Holz entsteht). Dieses Verhalten ähnelt dem Verhalten beim Einsatz in Hechthausen sehr.



Warum über Dinge spekulieren, die schon vor über 40 Jahren wissenschaftlich beforscht wurden?

Achtung, knallharte Thermodynamik.

http://hbaar.com/FW/IMK_Ber._Nr._24.pdf

gelöschter User ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2013 13:23
#9 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Habe deinen zweiten Beitrag nicht mitbekommen, da ich in der Zeit das PDF gesucht habe.

Zitat von Blaulicht im Beitrag #7

1. Kann das Material zu schwelen / glühen beginnen wenn es einer bestimmten Temperatur über eine bestimmte Zeit ausgesetzt war, ohne dabei direkten Kontakt zum Feuer gehabt zu haben? Wirkt in diesem Zusammenhang möglicherweise sogar die eigene Dämmkraft zum Erhalt der Hitze im eigenen Bereich?


Siehe vorheriger Beitrag

Zitat von Blaulicht im Beitrag #7

2. Kann es durch Feuchtigkeit, beispielsweise durch Löschwasser, zu einer Selbstentzündung bei diesem Produkt natürlichen Ursprungs kommen, ähnlich wie wir es beispielsweise bei Heu kennen?



Hier sind mikrobiologische Prozesse am Werk, die garantiert noch nicht zum Tragen kommen, wenn das LF gerade wieder in die Halle gefahren wird

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

12.01.2013 16:49
#10 RE: Zellulose-Einblasdämmung - eine ungewöhnliche Brandgefahr? Antworten

Meister, ich bin begeistert!

Das bringt mich ein echtes Stück voran.
Vielen Dank!

Besondern interessant sind Forschungsergebnisse wie diese:

Zitat
Aus diesen Ergebnissen der Warmlagerungsversuche ergibt sich, dass sicher ab 145°C exotherme Reaktionen im Holz ablaufen, die zu einer Selbstentzündung führen können.



Zitat
...Für ein Gemisch aus Zellulose, Hemizellulosen und Lignin im Verhältnis 4:3:3 wurde mit 185°C die niedrigste Temperatur für den Beginn der exothermen Vorgänge gemessen.

Dieser Versuch erfolgte ohne Luftzufuhr. Also genau wie bei der Dämmung.


Im Klartext heißt das: Wenn man Holz länger in einer konstanten Umgebungstemperatur von 145°C lagert, kann es sich selbst entzünden, ohne dass es einer Höheren Temperatur bedarf.

Nun reden wir nicht über Holz sondern über Zellulosedämmung aber diese dürfte zu ganz erheblichen Teilen aus Holz bestehen. Somit liegt der Verdacht sehr nahe, dass sich die Dämmung bei einer hohen Umgebungstemperatur ebenfalls selbst entzünden könnte, ohne dass das erste Feuer die Dämmung jemals direkt erreicht hätte.

Wenn dieser Ansatz stimmen sollte, hätte das sehr ernste Konsequenzen für jedes Feuer in einem Gebäude bei dem diese Dämmung verbaut ist!
Wenn beispielsweise lediglich ein Schornstein brennt, könnte eine Hitzestrahlung in die mit Zellulose gedämmte Wand oder Decke ausreichen, um eine Selbstentzündung der Dämmung auszulösen. In dem Fall hätte man ein zweites Feuer im selben Objekt.
Bedeutet für jeden Einsatzleiter im Klartext: Bei gelöschten Zimmerbränden, Schornsteinbränden, sogar bei Bränden an der Aussenwand (brennt Müllcontainer neben Gebäude) muss ermittelt werden, ob in der Wand Zellulosedämmung eingeblasen ist. Denn wenn das so ist, besteht möglicherweise die Gefahr eines Folgefeuers!


Und möglicherweise ist es genau so bei dem Feuer in Ahausen gewesen.
Mit ist bekannt, dass es zunächst ein Schornsteinbrand gewesen sein soll. Trotz Hartdach kam es dann für die Feuerwehr unnachvollziehbar zu einem Dachstuhlbrand. Der Zusammenhang war für Feuerwehr und Polizei bis jetzt unklar, wurde aber so hingenommen.


Ich finde es ziemlich faszinierend, wenn wir hier gerade gemeinsam im Forum eine Brandursache ermitteln...

Blaulicht

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