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Dieses Thema hat 4 Antworten
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 Quasselecke
eelser Offline

Pressewart FW SG Hemmoor (real)




Beiträge: 1.838

24.06.2014 21:42
Worum geht es? Antworten

Ein recht interessanter Beitrag von Jan Südmersen, bei der BF Osnabrück auf einer FB-Seite

Zitat von Jan Südmersen - FB-Seite "Feuerwehr-Handwerk"


Es brennt wirklich!
24. Juni 2014 um 22:14

Andrew Fredericks, beim Anschlag auf das World Trade Center verstorbener Kollege aus New York, hat einen sehr treffenden Vergleich gezogen, den ich hier mal als Vorlage nehme:

Es ist Montags morgen, das Entsorgungsfahrzeug fährt in die Siedlung um die Mülltonnen zu leeren. Als das Fahrzeug in die Straße einbiegt kann man sie schon sehen: Mehrere volle Mülltonnen. Der Entsorgungsfahrzeugführer läuft hochrot an, der Puls verdoppelt sich. Während seine Kollegen hektisch Warnwesten und Handschuhe anlegen, gibt der Entsorgungsfahrzeugführer seine Rückmeldung auf Sicht: Achtung, hier sind tatsächlich mehrere volle Mülltonnen! Sofort alle verfügbaren Fahrzeuge hierhin! Kolonnenführer zur Einsatzstelle! Wir versuchen jetzt die ersten Tonnen zu leeren! Der Müllwagenmaschinist stellt seinen Wagen so ab, dass die nachgeforderte Verstärkung keine Möglichkeit hat an die Mülltonnen zu kommen, vor lauter Panik werden die leeren Mülltonnen geleert etc.

Das ist übertrieben? Nö. Stellt euch mal bei nächsten Dienstabend/Wachantritt hin und sagt: Lasst uns heute mal das Vorgehen bei einer schweren Gasexplosion mit Folgebrand im Dachstuhl und mehreren Verletzten/Eingeschlossenen üben! Je nach Arbeitsklima liegt die Reaktion zwischen einem "Jaja" und "Glückwunsch, Küchendienst!". Leider ist die Grundeinstellung "es wird schon nix passieren" recht verbreitet. Bei kleinen Feuerwehren liegt die Vorstellung eines Unglücks jenseits des jährlichen Scheunenbrandes außerhalb der feuerwehrtechnischen Vorstellungskraft, bei großen Feuerwehren weiß man zwar, das so etwas durchaus eintreten kann, aber bitte nicht in meiner Schicht. Und es gibt noch zig andere Ausreden, um eine ernsthafte Vorbereitung auf solche Ereignisse (= anstrengende Ausbildung) möglichst zu vermeiden. "Wir sind hier doch keine BF" ist sicher in der TopTen der Ausreden bei einer FF, "Das können wir schon und richtig darauf vorbereiten kann man sich eh nicht" ist Spitzenreiter bei den hauptamtlichen Kräften.

Was ist die Konsequenz dieser Verdrängungs-Grundeinstellung? Neben einer Vernachlässigung der Ausbildung führt dies zu überraschten Gesichtern bis hin zu Entsetzen und blanker Panik wenn dann tatsächlich "was passiert". Das wird dann noch verstärkt durch das schlechte Gewissen, dass man eine ernsthafte Vorbereitung auf eine solche Situation sich jahrelang schöngeredet oder verneint hat. Und dann steht man vor den brennendem Gebäude, das gesamte Führungswissen rauscht gerade mit einem gruseligen Geräusch den Rücken herunter, der Mund wird trocken und es setzt ein Ziehen im Unterbauch ein (wie früher bei überraschenden Mathearbeiten) und das einzige, was einem durch den Kopf geht ist das Wort "Scheiße" in großen leuchtenden Buchstaben.

Ist das das Bild, was wir mal bei der Ausgabe des B3/F3 Urkunde von uns im Kopf hatten? Wollten wir da nicht eher so sein wie Robert Redford in "Hochhaus in Flammen"? Ist es nicht blöd, wenn daraus Oliver Hardy geworden ist?

Wenn man das vermeiden will, gibt es nur eins: Die Grundeinstellung von "Passiert nix" auf "Es wird was passieren" umpolen. Klar,man kann sich nicht auf alles vorbereiten, aber einige wichtige Routinen und eine gute Ausbildung helfen. Einige Beispiele:

- Wenn ein Brand in einem Wohngebäude gemeldet wird, geht man davon aus, dass es brennt und das Personen zu retten sind. Auch wenn es im Treppenraum verdächtig nach karbonisierten Kartoffeln riecht: Erst bei "Feuer aus" und "Gebäude klar" habe ich Sicherheit.

- Ich bin vorbereitet. Immer. Meine PSA ist komplett, das Rettungsmesser scharf, die Lampe hat volle Batterien.

- Brandmeldeanlagen melden Brände. Deswegen fahren wir mit Lärm und Licht dahin. Konsequenterweise sollten wir bis zum Beweis des Gegenteils das normale Gebäudebrandprogramm fahren.

- Was hätte ich gemacht? ist eine ständige Frage beim Lesen von einsatzberichten etc. (Siehe auch die Seite "Ersteintreffend" auf Facebook)

Das kann sicher anstrengend sein. Aber: Wir sind die Feuerwehr. Wenn es irgendwo brennt oder gekracht hat, dann rufen die Leute die Feuerwehr. Daher sollten uns Feuer und Unfälle nicht überraschen. Denn wir sind die Feuerwehr.




(Hier mal ein durch BMA gemeldetes Feuer als Motivator)

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Es wäre schön, wenn die Menschen sich so benehmen würden, als seien wir alle aufeinander angewiesen.

eelser Offline

Pressewart FW SG Hemmoor (real)




Beiträge: 1.838

24.06.2014 22:48
#2 RE: Worum geht es? Antworten

Ein Video dass wichtige Erkenntnisse zum Thema Feuerwehr - Ausbildungen und Üben gut wiedergibt. Leider nur auf englisch:

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Es wäre schön, wenn die Menschen sich so benehmen würden, als seien wir alle aufeinander angewiesen.

eelser Offline

Pressewart FW SG Hemmoor (real)




Beiträge: 1.838

24.06.2014 23:32
#3 RE: Worum geht es? Antworten

Aus der gleichen Quelle wie der erste Beitrag in diesem Thread

Zitat von Jan Südmersens FB-Seite "Feuerwehrhandwerk"


Allzeit bereit: Wir sind ihre letzte Chance...
Frei übersetzt von Jan Südmersen
Original von Brian Bush, Colorado


Zufällig stieß ich auf dieses dieses Foto von Glenn Duda (www.allhandsworking.com) - und es haute mich um.



Bis dahin habe ich mich im Wachalltag über alle möglichen Kleinigkeiten beschwert und das nächste „richtige“ Feuer herbeigesehnt. Ich hatte auch keine Lust mehr auf das ganze Üben und Trainieren ohne es jemals so richtig anzuwenden können.
Was bin ich doch für ein Idiot!
Ich bin ziemlich sicher, dass der Kollege alles in der Welt geben würde, um den Einsatz mit dem leblosen Kind gegen eine „langweilige“ Powerpoint-Fortbildung tauschen zu können.
Mal aus der Sicht eines Vaters gesehen kann und will ich mir nicht vorstellen, dass es da draußen wirklich Leute gibt, die so abgefahren sind, dass sie sich und/oder ihr Können an meiner von Feuer und Rauch bedrohten Familie beweisen wollen.
Ich habe anscheinend komplett das Ziel, den Sinn meiner Aufgabe vergessen. Es geht hier nicht darum, mir oder anderen etwas zu beweisen. Das einzige was ich beweisen muss, ist dass ich nicht das Leiden oder den Tod von anderen brauche, um mich zu motivieren. Das einzige was mich wirklich fordert, ist, dass die ganzen Befindlichkeiten, die Bürokratie und die Alltagsroutine mich davon abhält, meinen wahren Auftrag im Auge zu behalten.
Ich bete dafür, dass keine Familie und kein Kollege jemals in die auf diesem Bild dargestellte tragische und traurige Situation kommt. Aber zugleich muss ich erkennen, dass in meinem Job dieses schon beim nächsten Einsatz eintreten kann. Wegen der besonderen Schwere des Ersten und dem Potential des Zweiten muss ich – müssen wir – alles tun, um mental und physisch möglichst gut auf den Ernstfall vorbereitet zu sein.
Es gibt nur wohl eine Sache, die noch schlimmer ist, als ein lebloses Kind aus dem Haus an seinen Eltern vorbei zum RTW zu bringen: Der Gedanke, dass ich nicht gut genug war, dass das Kind und seine Eltern das Pech hatten, sich auf mich verlassen zu müssen. Dieser Gedanke wäre ein gefühlter Schlag ins Gesicht und würde uns sicher aufrütteln. Aber leider kommt man „darüber hinweg“. Es ist nur ein paar Jahre her, als einer unserer Leute den Körper eines Siebenjährigen aus einem brennenden Haus holte und vorbei an seinen Eltern zu meinem RTW brachte. Die bohrende Frage: „Waren wir vielleicht nicht gut genug?“ habe ich mir damals gestellt – und bin „drüber hinweg gekommen“. Und vielleicht war gerade die Ähnlichkeit mit der Szene auf dem Foto der Grund warum das Bild mich jetzt so von den Füßen gehauen hat.
Ich bin fest davon überzeugt, gut und professionell in dem zu sein was ich tue, ein guter Feuerwehrmann zu sein und auf alle Fälle vorbereitet zu sein. Es brauchte aber nur ein Bild und eine Erinnerung, um das wieder in Frage zu stellen. Wie leicht habe ich die Bilder dieser Nacht und die Frage, die dahinter steht, vergessen.
“When a man becomes a fireman, his greatest act of bravery has been accomplished. What he does after that is all in the line of work.” Frei übersetzt: Wirklich mutig ist nur der Entschluss, Feuerwehrmann zu werden. Alles danach gehört zum Job.
Das Zitat kommt von Chief Edward Croker, Feuerwehr New York, der im Jahr 1918 verstorben ist. Sich dem Schutz des Mitbürgers zu verpflichten - haupt- oder ehrenamtlich- ist das wesentliche. Ab dem Zeitpunkt wird ein wirklich guter Feuerwehrmann nicht daran gemessen, wie viel Einsätze er hat, er ist daran zu messen, wie er die Zeit zwischen den Einsätzen verbringt. Ein guter Feuerwehrmann erfüllt motiviert und mit Hingabe seine Aufgabe, unabhängig von der Bezahlung und Einsatzzahlen. Gute Feuerwehrmänner bereiten sich im Sport- oder Unterrichtsraum und auf dem Übungsgelände vor, weil sie eben nicht auf den Realfall warten wollen.
Die Besten von uns sehen die Erfüllung ihrer Berufung in der bestmöglichsten Vorbereitung, wohlwissend, dass wir mehr gegen Gleichgültigkeit und gegen aufgeblasene Egos als gegen Feuer kämpfen.
Mit diesem Wissen muss ich jetzt einfach mal meinen Mund halten und eine Menge an Ausbildung und Arbeit nachholen, bevor ich mich wieder als “guter Feuerwehrmann” bezeichnen kann. Der Junge, den wir vor sieben Jahren verloren haben, hat bestimmt nicht daran gedacht, aber alles was seine Eltern von uns verlangt haben, war, dass wir, als sie uns am dringendsten gebraucht haben, auch am besten vorbereitet waren. Ein simples Verlangen von denjenigen, für die wir arbeiten, denen wir uns verpflichtet haben und somit eigentlich eine recht simple Zielvorgabe für uns.

Ich hoffe, dass hilft euch ein wenig. Für mich ist das Schreiben dieses Artikels ein bisschen Wiedergutmachung für meine unentschuldbare Haltung. Ich wünsche mir nur, dass ihr diese Zeilen an mich zurückschickt, wenn meine Motivation nachlässt und ich in alte Gewohnheiten zurückfalle.
Ich hoffe wirklich, ihr kommt nur nie in gleiche Lage wie der Kollege auf dem Bild. Ich hoffe, ich komme nie in diese Lage, aber es kann nun mal jeden Tag vorkommen. Wir sollten uns darum streng daran halten, was wir wissen und können müssen und gegenseitig auf uns aufpassen, dass wir dieses auch tun. Wir müssen vorbereitet sein, denn nur wenn wir wirklich gut, die „Besten“, sind haben „Sie“ auch eine Chance!

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Es wäre schön, wenn die Menschen sich so benehmen würden, als seien wir alle aufeinander angewiesen.

Blaulicht Offline

Administrator

Beiträge: -990157

25.06.2014 07:07
#4 RE: Worum geht es? Antworten

Zitat
- Was hätte ich gemacht? ist eine ständige Frage beim Lesen von einsatzberichten etc.



Hierzu passend: Der Forumbereich Wie würdest Du entscheiden?

Blaulicht

eelser Offline

Pressewart FW SG Hemmoor (real)




Beiträge: 1.838

23.10.2014 16:03
#5 RE: Worum geht es? Antworten

Ich greife das Thema "Es brennt wirklich!" (weiter unten in Thread) aus aktuellen Anlass mal wieder kurz auf



http://www.swr.de/landesschau-aktuell/rp...o9l9/index.html

nicht in "far far away..."

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Es wäre schön, wenn die Menschen sich so benehmen würden, als seien wir alle aufeinander angewiesen.

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