Hallo zusammen, beim lesen der heutigen Augabe der Nordseezeitung bin ich auf der Titelseite auf den Bericht gestoßen, der den Titel trägt "Sind Blitzer illegal?" Da ich nicht über einen Scanner verfüge, will ich den Bericht kurz zusammen fassen: Es kam wohl in letzter Zeit des öfteren vor, dass Temposünder nicht bezahlen müssen, da die Fotos nicht mehr als Beweis akzeptiert werden. Richter haben wohl ein Bußgeldbescheid aufgehoben, bei dem der Täter mittels Video überführt wurde. Die verdachtsunabhängige Aufnahme verstoße gegen das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung". Nun werden neben Videos wohl auch keine Fotos mehr akzeptiert.
Kann mir jemand sagen, was ich davon halten soll? Muss man nun nichts mehr befürchten, wenn man geblitzt wurde?
Naja, es wurden immerhin zwei Urteile angeführt, bei denen die Richter dahin argumentierten, dass man nicht einfach so fotografiert werden darf. Die Argumentation geht dann dahin, dass es somit kein zulässiges Beweismittel sei.
Ähnlich als wenn man heimlich ein Gespräch aufzeichnet und den Inhalt dann vor Gericht als Beweis verwenden will. Das geht auch nicht.
Beim ersten Mal ging es um die ständige Videoaufzeichnung, ohne Verdachtsmoment.
Jetzt geht es ums "fotofieren". Der Verdacht ist in dem Moment da, wo du zu schnell fährst. Du fährst zu schnell, also wirst du geblitzt. Fährst du nicht zu schnell, wirst du nicht geblitzt. Ist ja auch kein "Verdacht" da.
so what?
Ich würde es vielleicht auch mit allen Mitteln versuchen, wenn ich jetzt auf meine Pappe angewiesen wäre. Aber als normaler Mensch sollte man über so viel Unrechtsbewusstsein verfügen und die Kröte schlucken wenn man zu schnell war.
Stichwort "Generalverdacht" !!! Einfach mit einer Kamera aufnehmen und dann sehen, ob wer zu schnell war, ist nicht zulässig. Es MUSS erst eine Geschwindigkeitsübertretung festgestellt werden, dann kommt der Blitz.
---------------------------------------------------------------- Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht der Versager. (Oscar Wilde)
Das Grundproblem besteht offensichtlich darin, dass sich der Gesetzgeber über die Rechtsgrundlagen derartiger Kontrollen oder Verkehrsüberwachungsmaßnahmen nie Gedanken gemacht hat, die rechtliche Entwicklung in anderen Bereichen, wie gerade dem "Recht auf Informationelle Selbstbestimmung" in der vergangenen Zeit aber fortgeschritten ist.
Zitat von BVerfG - Beschluss vom 11.08.09 (2 BvR 941/08)
Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei Videokontrollen (21.08.09)
BVerfG - Pressemitteilung vom 21.08.09 - Verkehrsrecht
Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit Videoaufzeichnungen zur Verkehrskontrolle zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung entschieden.
Sachverhalt:
Im Januar 2006 wurde auf der BAB 19 in Fahrtrichtung Rostock von der Ordnungsbehörde eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt. Die Videoaufzeichnung erfolgte mit dem Verkehrskontrollsystem Typ VKS. Dem Beschwerdeführer, der an diesem Tag mit seinem Pkw auf dieser Strecke fuhr, wird vorgeworfen, er habe bei km 98,6 fahrlässig die zulässige Höchstgeschwindigkeit (100 km/h) außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h überschritten. Deshalb wurde gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro festgesetzt. Die eingelegten Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid, mit denen der Beschwerdeführer insbesondere rügte, dass die Video-Aufzeichnung des Verkehrsverstoßes mangels konkreten Tatverdachts ohne ausreichende Rechtsgrundlage angefertigt worden sei, hatten keinen Erfolg. Als ausreichende Rechtsgrundlage für die vorgenommene Geschwindigkeitsmessung wurde von den Gerichten der Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 StVO des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juli 1999 angesehen.
Entscheidung:
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, soweit sie zulässig ist, zur Entscheidung angenommen, das Urteil des Amtsgerichts Güstrow und den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Güstrow zurückverwiesen. Die Rechtsauffassung der Gerichte, die den Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern als Rechtsgrundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung herangezogen haben, ist unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Sie ist insofern willkürlich und verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung kann zwar im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden. Eine solche Einschränkung bedarf aber einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist. Der als Rechtsgrundlage herangezogene Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern, stellt aber keine geeignete Rechtsgrundlage für Eingriffe in dieses Recht dar. Bei dem Erlass handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. Mit Verwaltungsvorschriften wirken vorgesetzte Behörden auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung der untergeordneten Behörden hin. Sie sind kein Gesetz im Sinn des Art. 20 Abs. 3 sowie des Art. 97 Abs. 1 GG und können nur Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle sein.
Es kommt daher nur eine Zurückverweisung an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid in Betracht. Denn die angegriffenen Gerichtsentscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß, da nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Gerichte im Fall ordnungsgemäßer Prüfung zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wären. Nach den allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen, die über § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren sinngemäß anwendbar sind, kann aus einem Beweiserhebungsverbot auch ein Beweisverwertungsverbot folgen. Dieses ist mangels gesetzlicher Regelung anhand einer Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Es erscheint zumindest möglich, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.
So muss der Gesetzgeber jetzt wohl oder übel nachbessern!
Kurios in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass Geschwindigkeitsmessungen per "Laser" von dieser Entscheidung unberührt sind und nach wie vor ihre Gültigkeit haben. Trotz und vor allem wegen der Tatsache, das keine Videoaufzeichnung oder Lichtbildfertigung erfolgt.
Poli ___________________________________________ Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden, aber sie schießen damit. (Gerhard Uhlenbruck, *1915)
Was aber, meines Wissens nach, definitionsgemäß daran liegt, dass sich der Polizist bei der Lasamessung bewusst für einen Teilnehmer entscheidet, und somit ein Grundverdacht besteht (subjektive Einschätzung der Geschwindigkeit). Bei der Videoaufnahme werden aber alle Verkehrsteilnehmer aufgenommen, ungeachtet dessen, ob ein solcher Grundverdacht besteht, oder nicht. (mal so ganz Laienhaft gesagt).
Es gibt in einigen Nachbarländern auch Geschwindigkeitsmessungen, welche über eine sehr lange Wegstrecke, durch die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit, funktionieren. Auch dieses ist in "D" wegen der Problematik nicht zulässig.
Aber es gibt in der Tat viele Gesetze, welche viele Wandlungen der Moderne nicht berücksichtigen, weil sie zum Zeitpunkt der Gesetzverabschiedung noch nicht denkbar gewesen sind. Mit solchen Problemen schlage auch ich mich fast täglich rum. Aber so ist es eben... Unsere deutschen Gesetze sind in vielerlei Hinsicht nicht ausgegohren.
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In Antwort auf: Bei der Videoaufnahme werden aber alle Verkehrsteilnehmer aufgenommen, ungeachtet dessen, ob ein solcher Grundverdacht besteht, oder nicht. (mal so ganz Laienhaft gesagt).
NEIN DAS STIMMT EBEN NICHT.
Und dazu auch hier die Ausrede von unserem Landkreis:
In Antwort auf:Sehr geehrter Herr ***,
Ihre Mail vom 30.09.2009 möchte ich wie folgt beantworten:
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 11.08.09 in einem Einzelfall entschieden, dass eine ständige Videoüberwachung aller Verkehrsteilnehmer ohne Bestehen eines Verdachtsmomentes und nur gestützt auf einen Erlass nicht zulässig ist.
Das Urteil ist auf die Geschwindigkeitsmessungen des Landkreises Cuxhaven nicht übertragbar.
Der Landkreis führt mit dem von ihm verwendeten Messgerät keine ständigen verdachtsunabhängigen Messungen durch. Es werden nur Fahrzeuge aufgezeichnet, bei denen ein begründeter Anfangsverdacht auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung besteht. Das Messpersonal schätzt vor Starten der Aufnahme unter Beobachtung des auflaufenden Verkehrs die Geschwindigkeit des oder der Fahrzeuge ein und zeichnet dieses/diese nur dann auf, wenn nach seiner Einschätzung die zulässige Geschwindigkeit überschritten wird/werden könnte. Es wird also nicht jedes den Messort passierende Fahrzeug aufgezeichnet, sondern die Kamera wird nur im konkreten Verdachtsfall eingeschaltet. Nach abgeschlossener Dokumentation des tatrelevanten Geschehens wird der Aufzeichnungsvorgang beendet, sofern in dem überschaubaren Verkehrsgeschehen nicht weitere Verstöße zu dokumentieren sind.
Aus diesem Grund sind die Messungen des Landkreises auch unter Berücksichtigung des BVerfG-Urteils nicht zu beanstanden und sind nicht nichtig.
Wenn durch das Messpersonal auch tatsächlich so verfahren wird, ist die so durchgeführte Geschwindigkeitsmessung ja auch vollkommen in Ordnung. Meine Aussage bezog sich auch nicht auf die Messung im LK, sondern allgemein auf die ständige Videoaufnahme.
Wäre nur die Frage der Beweislast, ob es sich um eine zufällige, oder eine permamente Aufnahhme handelte ;o)
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